Vorgeschichte
Die Anfänge der Männergesellschaft Hasenlauf
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wuchs die Stadt Biedenkopf weit über ihren historischen Kern hinaus. Sie dehnte ihre Siedlungsfläche zunächst entlang der Hauptstraßen (Hainstraße/Hospitalstraße) und auf die andere Lahnseite aus. Das Gebiet des heutigen Hasenlaufviertels wurde dabei bis in die 1950er Jahre fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Erschlossen wurde das Gebiet durch Kiesacker- und Kottenbachstraße sowie über die Hintergasse/Altenstadtstraße.
Entlang dieser Straßen entwickelte sich auch die Erschließung der Siedlungsflächen am Hasenlauf. Zunächst wurden noch vor dem Zweiten Weltkrieg am unteren Kiesacker das neue Landratsamt (Baujahr 1924–1925) und einige Siedlungshäuser gebaut. Nach dem Krieg begann die Bebauung entlang der Altenstadtstraße und der neu angelegten Ritterstraße sowie der Burgstraße.
Die rasche Besiedlung der Restflächen erfolgte in den 1960er und 1970er Jahren bis zur Straße „Am Hasenlauf“. In den restlichen Jahren des 20. Jahrhunderts kamen zunächst die Hatzfelder Straße und abschließend die Straße „Eckeseite“ und die Oostduinkerker Straße zur Siedlungsfläche hinzu.
Auch für die Grenzgangsgesellschaften blieb diese Entwicklung nicht ohne Folgen. Durch die Zunahme der Bevölkerung im Westen der Stadt wuchs auch die Männergesellschaft „Hainstraße und Nebenstraßen“ (wie sie damals offiziell hieß). Doch die erste Grenzgangsversammlung im neuen Viertel führte am 16. Juni im Grenzgangsjahr 1956 die Männergesellschaft Oberstadt in der Schänke „Zur Altenstadt“ durch. Deren 3. Führer Horst Löffler (später auch 3. Führer der Männergesellschaft Hasenlauf im Gründungsjahr 1970 und Ehrenbürger der Gesellschaft) erkannte den Moment als historisch und überreichte als Vertreter der Bürger der Altenstadt- und Ritterstraße dem Vorstand ein entsprechendes „Pergament“.
Sieben Jahre später war das Problem der Neubürger „Am Hasenlauf“ spätestens bei der Aufstellung am Grenzgangsmorgen nicht mehr zu übersehen. Die Männergesellschaft Hainstraße ging 1963 mit sechs Führern und einer entsprechenden Zahl Bürger über die Grenze. Da der Zuzug in das Neubaugebiet unvermindert weiterging, war wohl zu diesem Zeitpunkt klar, dass es 1970 so nicht weiter gehen kann. In der Liste der Hainstraßenführer des Grenzgangs 1963 sind drei Namen aufgeführt, die dann bei der Gründung der Männergesellschaft Hasenlauf eine Rolle spielten: Hans Lettmann, Siegfried Knappmann und Norbert Kreutz. Es fehlt als wichtiger Name: Karl Schmitt. Er war Komiteemitglied und dürfte diesem Gremium die Überlegungen zur Gründung einer neuen Grenzgangsgesellschaft im Westen der Stadt schmackhaft gemacht haben.
Der Grenzgang 1970
Es waren viele erfahrene Grenzgänger, die am 10. April 1970 dem Aufruf zur Gründung der Männergesellschaften folgten und die neue Gesellschaft zunächst unter dem Arbeitstitel „Hasenlauf/Altenstadt“ im damaligen Schloßhotel Gercke gründeten. 21 Bürger hatten sich zu der historischen Versammlung getroffen und gleich mit Norbert Kreutz einen 1. Führer bestimmt.
Die neue Gesellschaft musste nahezu bei Null anfangen und hat im Grenzgangsjahr 1970 wirklich Großes geleistet. Zunächst musste ein Name gefunden werden. Dieser blieb bis zur Versammlung am 30. April strittig. Dort wurde er endgültig mit „Hasenlauf“ ohne irgendwelche Zusätze festgelegt.
Auf derselben Versammlung wurde auch klar, dass sich die Hasenläufer einen eigenen Waldplatz schaffen müssen. Anfragen bei der Männergesellschaft Oberstadt und der Männergesellschaft Stadtgasse, ob deren im „Hasenlauf-Gebiet“ liegenden Hütten mitgenutzt werden könnten, waren negativ beschieden worden.
Also wurde eine Platzfindungskommission berufen, der die Bürger Reinhold Scholz, Reinhard Balzer, Emil Cyriax, Karl Schmitt, Walter Reibert, Norbert Kreutz und Hans Lettmann angehörten. Dass diese Bürger hervorragend gearbeitet haben, wird jeder bestätigen, der den Waldplatz der Männergesellschaft Hasenlauf kennt. Die wenigen erhaltenen Fotos zeigen, dass das Gremium bei der Suche von den anderen Bürgern nicht allein gelassen worden ist und dass es dabei sowohl feucht, als auch fröhlich zugegangen ist.
Der neue Platz musste nun gerodet und eingeebnet werden. Am westlichen Ende des Platzes entstand innerhalb weniger Wochen eine komplette Hütte mit Theke. Am 18. Juli 1970 war Richtfest.
Neben dieser enormen Arbeitsleistung beim Hüttenbau mussten aber noch weitere Dinge erledigt werden, damit die Hasenläufer als vollwertige Gesellschaft über die Grenze gehen konnten. Die Männergesellschaft benötigte eine Fahne.
Ein vom Wallauer Künstler Rudibert Halver gestalteter Entwurf wurde von den Bürgern für gut befunden und in der Hamburger Fahnenfabrik Fleck umgesetzt. Die neue Fahne wurde am 7. August feierlich auf dem neuen Waldplatz geweiht und in den Kreis der übrigen Grenzgangsfahnen aufgenommen.